16.11.2007
nachwelt im wellenfeld
zwischen maschen, draht und virtuellen mauern
von udo leim

auf dem schirm: der funkenblitzkrieg befriedet und befriedigt den kurzeitkollaborativen user - dessen sichtungssucht am schaltpult im widerstreit zwischen auge und hand, zwischen taste und protofokus. welten wuchern in leitungen und neuronen. redundanzen tanzen im bannkreis unfreiwilliger assoziationen. informationen zerfasern gärend letzte gewissheiten in den archiven des jeweils intimsten. der user ist herrscher und knecht an den schirmen, die ihn knechten. die ihn beherschen, den knecht seiner eigenen herrschaft im schalen licht der bilder, die er sich gibt - der bildnehmer und bilgeber ist das verfahren selbst als physis. ist der reale prozess im bildraum. ist das atmende gefüge im zeichensturm und das blutende masseverhältnis, auf dem die zeichen stürzend sich niederschlagen. der topos des tragischen der information kann user genannt werden. tragisch, weil unauflöslich-spannend, weil endlos ekstatisch-fatal ein andauerndes ringen um ein nicht zu bestimmendes bestimmtes, und damit um die bestimmung selbst, sich in sich selbst widerlegen muß, um sich als solche selbst zu bestimmen. der ernst der lage besteht im problem, das dieser ist. die abstrakte wissens- und  diskursmaschine wird auf dauer keinen ernst zufriedenstellen, denn ernst ist an sich niemals zufrieden zu stellen, gerade wenn er sich, wie angedeutet, abzuschirmen hat, in einer art schizopornographischen binnenkonspiration der oder des einzelnen im expandierenden innenraum, der sich zwischen ungewissheit und begehren aufspannt und ausdehnt. schizo-
pornographische binnenkonspiration heißt, dass transgression der sogenannten vernunft und regress der selbstgewordenheit in eins fallen, dass sich die karten neu mischen in den hintersten hinterköpfen, die als doppel- und dreifachköpfe nach außen eine in sich geschlossene visage präsentieren - einen wohl geordneten schirm vor einem unheimlich heimlich ausgetragenen kampf inflationären selbstmisstrauens an der virtuellen mauer, die sich aus zahllosen optionalen selbsten auftstapelt und renitente bildchen liefert, wie man sie nie zu sehen glaubte...

und dann: wird weiter geklickt, umgeblättert, nach(hinterher)gedacht,
resümiert, umgebaut, geplant, resigniert, versucht, gesucht, abgehoben,
aufgehoben, annuliert, studiert, verraten, geschaut, geblickt, geglotzt,
umgekrempelt, aufgeräumt, umgeräumt, weiter geträumt,aufgebäumt
und vor allem mitgespielt, weil sonst wird einem mitgespielt...

ach ja, und manchmal, in einer raren musesekunde, die idee,
dass die idee der freiheit die brutalste ist, die jemals zum
vorschein kommen konnte. oder doch nicht ?

udo leim
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